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Nächtliches Leben in der Landeshauptstadt

Erfassung und Schutz der Eulen im Stadtgebiet von Dresden

Schleiereule – Foto: Klaus Fabian
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Schleiereule – Foto: Klaus Fabian

Die regelmäßige Erfassung von Eulen geht in Dresden vor allem auf die Initiative von Dr. Klaus Fabian zurück. Er erstellt auch jährlich einen aktuellen „EULENBERICHT“ für die Landeshauptstadt Dresden. Er freut sich über jede Meldung von Eulen, egal ob es ein Kauz im Tageseinstand ist oder das „nervige“ Fiepen der jungen Waldohreulen im Mai bis Juli. Schreiben Sie ihn an, wenn Ihnen etwas zu Eulen auffällt: klauzfabian_at_gmail.com. Eulen werden oft zufällig entdeckt, einmal durch ihre abendlichen und nächtlichen Balz- und Bettelrufe, ihr plötzliches Auftauchen im Licht einer Laterne oder aber in ihrem Tageseinstand, dem Schlafplatz, an dem sie tagsüber vor sich hindösen. Als Vertilger von Kleinsäugern kommt Ihnen im ökologischen Gleichgewicht ein hoher Stellenwert zu. Einige Arten sind echte „Kulturfolger“ und siedelten sich in der Nähe der Menschen an (Steinkauz, Schleiereule, Waldkauz). Ihr „unheimliches“ nächtliches Leben weckte Angst und Aberglauben, was ihnen in früheren Jahren zum Verhängnis wurde. Heute ist ihre Bedrohung eher in der Veränderung ihrer Lebensbedingungen durch den Menschen zu suchen. So fiel uns Dresdner Ornithologen in den 90er Jahren auf, dass wir keine Schleiereulen mehr hatten, und auch der Waldkauz an vielen angestammten Plätzen nicht mehr rief. Das war Anlass, im Rahmen eines Projektes des NSI Dresden in den Jahren 2002/2003 eine Bestandsaufnahme zu organisieren, denn was man nicht kennt, kann man auch nicht schützen. Das Stadtgebiet von Dresden umfasst viele recht unterschiedliche Habitate. Neben dem dicht bebauten innerstädtischen Bereich, durchsetzt mit Parks und Friedhöfen als ökologische Inseln, gibt es viele locker bebaute Villen- und Gartenviertel, aber auch ausgesprochen dörfliche Strukturen und Wälder, wobei der auf dem Stadtgebiet liegenden Dresdner Heide eine gesonderte Bedeutung zukommt. Von den zehn in Deutschland vorkommenden Eulenarten sind nur drei in Dresden regelmäßig zu Hause, vier weitere Arten könnten aber sesshaft werden.

Waldkauz im Tageseinstand – Foto: Klaus Fabian
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Waldkauz im Tageseinstand – Foto: Klaus Fabian

Waldkauz

Der Waldkauz ist mit etwa 120 Brutpaaren immer noch unsere häufigste Eule; jährlich werden fast 50 Bruten gefunden. Allerdings gibt es einen Rückgang im besiedelten Stadtbereich. Schwerpunkte seiner Verbreitung sind der Große Garten, die Elbhänge, Randbereiche der Dörfer und die Dresdner Heide. Der Waldkauz benötigt höhlenreiche Altholzbestände, brütet aber auch in Gebäuden.

Junge Waldohreule – Foto: Klaus Fabian
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Junge Waldohreule – Foto: Klaus Fabian

Waldohreule

Die Waldohreule ist erst in den 1990er Jahren als Brutvogel im Stadtbereich aufgetaucht und verbreitet sich weiter im dicht besiedelten Gebiet bis nahe an den Hauptbahnhof mit Siedlungsschwerpunkten in Stadtteilen mit größeren Kiefernbeständen, in denen ausreichend Krähennester vorhanden sind. In den letzten Jahren konnten bis zu 40 erfolgreiche Bruten bei etwa 60 Brutpaaren registriert werden.

Sperlingskauz – Foto: Klaus Fabian
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Sperlingskauz – Foto: Klaus Fabian

Sperlingskauz

Der Sperlingskauz hat sich wahrscheinlich ebenfalls erst in den 1990er Jahren angesiedelt. Er brütet in Buntspecht-Höhlen. Verbreitungsschwerpunkt ist die Dresdner Heide. 2008 konnten hier vier Bruten gefunden werden, wobei ein Gesamtbestand von > 10 Brutpaaren angenommen werden kann.

Schleiereule Nestling – Foto: Klaus Fabian
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Schleiereule Nestling – Foto: Klaus Fabian

Schleiereule

Die Schleiereule war aus dem Stadtbild verschwunden. In den früheren Verbreitungsgebieten besonders am Stadtrand wurden über 20 Brutkästen in entsprechenden Gebäuden aufgehängt. 2008 konnten wir uns über eine Brut im Westen Dresdens (Ökohof Podemus) freuen.

Kontrolle eines Rauhfußkauz-Kastens – Foto: Klaus Fabian
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Kontrolle eines Rauhfußkauz-Kastens – Foto: Klaus Fabian

Rauhfußkauz

Der Rauhfußkauz wurde in den letzten Jahren mehrfach in der Dresdner Heide verhört und brütet auch ab und zu. Natürliche Höhlen vom Schwarzspecht werden von dieser Eulenart bevorzugt, bei Mangel aber gern Nistkästen angenommen. Deshalb wurden im Auftrag der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) Dresden 2007 zehn Brutkästen beschafft und mit Unterstützung der Revierförster nahe den Rufplätzen aufgehängt. Leider ergab die Kontrolle der Kästen 2009 keinen Bruterfolg.

Steinkauz

Die letzte Brut des Steinkauzes wurde 1996 auf einer Streuobstwiese im Westen der Stadt (Zschonergrund) festgestellt. Seither ist diese kleine Eule verschwunden, obwohl in den Randbereichen der Stadt eine ganze Reihe erforderlicher Habitate wieder beziehungsweise noch vorhanden ist. Die in den letzten Jahren angelaufenen Bestrebungen von Zucht-Projekten mit anschließender Auswilderung könnten hoffentlich zu einer Auferstehung der erloschenen Population führen.

Für die restlichen vier Eulenarten ist eine Ansiedlung weniger wahrscheinlich. Allerdings sind Uhu und Zwergohreule in Ausbreitung begriffen und könnten auch bei uns auftauchen. Vom Uhu sind Einzelbeobachtungen in Dresden aus den letzten Jahren bekannt und lassen vermuten, dass die Ansiedlung dieser Art möglich erscheint.

An der Erfassung der Dresdner Eulen sind etwa 150 Naturfreunde durch Informationen über einzelne Brutplätze beteiligt. Hinweisen aus der Bevölkerung wird akribisch nachgegangen. Die Kontrollen der Revierbesetzung erfolgen zum Teil mit Klang-Attrappen in der Balzzeit und die des Bruterfolgs meist durch akustische Wahrnehmung der Ästlinge. Uns Dresdner Ornithologen geht es aber nicht nur um die Bestandserfassung der einheimischen Eulenarten, sondern auch um ihren Schutz. Das geschieht zunächst einmal durch die Erfassung der Brut- und Schlafplätze insbesondere der höhlenbrütenden Arten (bislang Waldkauz und Sperlingskauz). Die Kartierung der entsprechenden Bäume hilft, sie zu schützen (vgl. Beitrag von A. Knoll über Höhlenbäume). Ein wichtiger Anlaufpunkt für erforderliche Maßnahmen ist wiederum die Untere Naturschutzbehörde (UNB), wobei Absprachen bei Baumpflegearbeiten beziehungsweise Holzeinschlag auch direkt mit den Ornithologen erfolgen. In ähnlicher Weise haben wir die Areale bzw. potentiellen Brutbäume der Freibrüter (Waldohreulen) im Visier, die allerdings nicht so fest an einen bestimmten Baum gebunden sind. Ein weiteres Thema sind die Biotop-Pflege (Steinkauz) und die Bereitstellung und Kontrolle von Nistkästen. Von der UNB, aber auch von ehrenamtlichen Naturschutz-Gruppen und Einzelpersonen wurden nahezu 150 Eulenbrutkästen, gebaut von ehrenamtlichen Mitarbeitern der Wildvogelauffangstation Dresden Kaditz, an für Schleiereule, Waldkauz, Rauhfußkauz und Steinkauz optimalen Plätzen angebracht. Wichtig ist auch, durch Gespräche in der Bevölkerung und Vorträge die Toleranz gegenüber der nächtlichen „Lärmbelästigung“ zu verbessern.

Der Bruterfolg unserer Eulen hängt allerdings nicht allein von unseren Bemühungen ab, sondern unterliegt vielen anderen ökologischen Einfluss-Faktoren, die oft schwer einsehbar sind. So gab es gerade 2009 einen extremen Einbruch! Die Zahl der erfolgreichen Bruten und die Anzahl der herausgebrachten Jungen lagen bei allen Arten weit unter 50 Prozent der letzten fünf Jahre. Diese Populationsschwankungen scheinen ein generelles Phänomen zu sein, das auch von anderen deutschen Ornithologen bestätigt wurde; vermutet wird Nahrungsmangel (ein „schlechtes Mäusejahr“). Im Jahr 2017 konnten wir dagegen einen absoluten Rekord im Bruterfolg bei Waldkauz und Waldohreule feststellen. Im darauffolgenden Jahr 2018 kam es abermals zu einem starken Einbruch. Wir hoffen aber, dass es aufgrund der zu erwartenden natürlichen Schwankungen in den nächsten Jahren wieder aufwärts geht und unsere Bemühungen der Eulenerfassung und des jährlichen Bruterfolgs wieder zu besseren Ergebnissen führen.

Dr. Klaus Fabian



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