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Vögel an der Elbe

Ein Gewässer ist mehr als nur Wasser. Es ist Lebensraum für unzählbar viele Arten von Bakterien, Einzellern, Pflanzen und Tieren, die zueinander in ausgewogenen Wechselbeziehungen stehen. Wird das komplexe System Gewässer gestört, indem man es zu einem Abwasserkanal degradiert, dauert es auch nach Beenden der Verschmutzung mehrere Jahre, bis sich neue Lebensgemeinschaften bilden. Das gilt auch für die Elbe. Wer sich an ihren Zustand von 1989 erinnern kann, wird mit besonderer Freude die inzwischen bemerkbare Verbesserung der Wasserqualität registrieren. Diese Verbesserung zeigt sich auch an der Veränderung der Vogelwelt, die auf der Elbe zu beobachten ist. Waren es früher vorwiegend Stockenten und Höckerschwäne, die den Winter auf dem Fluss verbrachten, so hat sich das Artenspektrum deutlich vergrößert. Neben der Zunahme der Graugänse, denen sich manchmal auch Saat- und Blessgänse anschließen, fallen dem aufmerksamen Beobachter jetzt Arten auf, die früher nur selten vorkamen. Dazu gehören Pfeif-, Reiher- und Schellenten sowie Gänse- und Zwergsäger. Unter den oft großen Ansammlungen von Lachmöwen kann man zunehmend Großmöwen wie Sturm- und Steppenmöwe entdecken. Dass auch der Fischreichtum zugenommen hat, beweisen Kormorane und Graureiher, die regelmäßig zu sehen sind. Auch den in unserem Raum seltenen Eisvogel kann man beim Fischen beobachten. Sogar durchziehende Fischadler nutzen die Elbe, vorwiegend im September, zur Nahrungssuche. Günstige Beobachtungsmöglichkeiten im Winter sind neben den Anlegestellen der Elbfähren und dem Blauen Wunder vor allem die Umgebung der Pillnitzer Elbinsel sowie die Elbstrecke zwischen Stetzsch und Cossebaude.

Der Wert eines Gewässers beschränkt sich jedoch nicht auf das Leben im oder auf dem Wasser. Ein Fluss prägt meist eine ganze Landschaft. Nicht ohne Grund ist das ganze Tal der Elbe (bis auf die Unterbrechung an der Waldschlösschenbrücke!) EU-Vogelschutzgebiet. Die Uferzonen mit Pflanzenbeständen, Weidendickichten und Bäumen bieten ja erst Brut- und Rastmöglichkeiten und das nicht nur für wassergebundene Vogelarten. Bei den Brutvögeln sind es vor allem Grasmücken und der auch nachts singende Sumpfrohrsänger, gelegentlich auch ein Feldschwirl, die aus dem Ufergebüsch zu hören sind. Geeignete Bäume des Uferbereiches werden oft als Warte oder Ruheplatz, aber auch zum Brüten genutzt. In den Auwald-Resten auf der Pillnitzer und der Gauernitzer Insel haben sich in den letzten Jahren Kolonien von Kormoranen und Graureihern entwickelt. Das hat auch die Ansiedlung von Abfallverwertern erleichtert, denn Rot- und Schwarzmilan gehören seit einiger Zeit zu den Brutvögeln des Elbtals. Aber auch gehölzfreie Flächen wie die großen Elbwiesen sind nicht vogelleer. Bis vor einigen Jahren gab es hier sogar die jetzt dem Aussterben nahen Rebhühner. Dafür hört man in unregelmäßigen Abständen manches Jahr an wenigen Stellen noch das Krächzen des Wachtelkönigs. Man müsste sich um sein Vorkommen eigentlich keine Sorgen machen, da es genügend Wiesen zur Auswahl gibt. Das Problem ist die in die Brutzeit fallende, für diesen Wiesenvogel zu zeitig einsetzende Mahd. Einen nicht geringen Anteil an den Störungen für viele Vogelarten haben die freilaufenden Hunde, die neben dem Bewegungsdrang auch ihr Stöberverhalten abreagieren.

Da die Elbe eine Leitfunktion für den Vogelzug hat, kann man im Frühjahr oder Herbst für stadtnahe Gebiete keineswegs typische Arten wie Flussuferläufer, Flussregenpfeifer und Seeschwalben sowie rastende Singvögel wie Rohrsänger, Drosseln und Finken feststellen. Mit etwas Glück lassen sich dann sogar einmal Bartmeisen, Braunkehlchen oder gar das sehr seltene Blaukehlchen beobachten. Für den Ornithologen ist die Elbe deshalb ganzjährig interessant und immer einen „Fernglas-Blick“ wert. Auch die regelmäßig stattfindenden, systematisch durchgeführten Wasservogelzählungen führen zu einem guten Überblick über die aktuell vorkommenden Vögel am Fluss. Wenn man keine Zeit für längere Exkursionen hat, auch ein kurzer Gang zur Elbe lohnt immer. Wir sollten aber auch bedenken, dass es gilt, diese Landschaft in ihrer Vielfalt von ausgedehnten, unverbauten Wiesen, Ufergebüsch und Staudenflächen sowie Inseln, Kiesstränden und Altarmen zu erhalten.
Falls Sie sich für Vögel oder andere Naturschönheiten interessieren: In unserem Programm finden Sie genügend Ansprechpartner, über die Sie sich in die Beobachtung, die Erfassung und den Schutz von Vögeln und unserer Elblandschaft einbringen können.

Waldemar Gleinich




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